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Erstellung eines örtlichen Fußverkehrskonzeptes oder lokalen Masterplans Gehen

Als Praktiker:innen erhalten Sie hier eine Erklärung und Erstellungshilfe für einen lokalen Masterplan oder ein lokales Fußverkehrskonzept. Das gleichnamige Handbuch unterstützt Sie zusätzlich bei der Umsetzung. 

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Warum ein Fußverkehrskonzept entwickeln?

Mit punktuellen Einzelmaßnahmen zur Förderung des Fußverkehrs kann kurzfristig eine lokale Verbesserung erreicht werden. Um den Fußverkehr nachhaltig zu stärken, bedarf es jedoch einer systemischen Betrachtung des gesamten Planungsgebietes und aller Verkehrsträger sowie eines Gesamtkonzeptes mit aufeinander abgestimmten Maßnahmen – genau das ist die Aufgabe eines Fußverkehrskonzeptes.

Mit einem vom Gemeinderat beschlossenen Konzept zur Förderung des Fußverkehrs in allen Politik- und Verwaltungsbereichen setzt die Gemeinde, die Stadt oder der Bezirk einen Schwerpunkt. Mit dem Fußverkehrskonzept und darauf aufbauenden Maßnahmen können Gemeinden nun erstmals im Rahmen der klimaaktiv mobil Förderung Bundesmittel für die Verbesserung des lokalen Fußverkehrs beantragen.

Örtliches Fußverkehrskonzept oder lokaler Masterplan Gehen?

Fußverkehrskonzepte sollen grundsätzlich ein zusammenhängendes, engmaschiges und flächendeckendes Fußwegenetz in der Gemeinde beziehungsweise im Siedlungsraum sicherstellen. Beide Dokumente, sowohl das Fußverkehrskonzept als auch der Masterplan, bestehen aus Textteilen, Erläuterungen sowie planerischen und schematischen Darstellungen. 

Für Gemeinden mit bis zu 15.000 Einwohner:innen (EW) ist ein örtliches Fußverkehrskonzept zu erstellen, Landeshauptstädte und Städte mit mehr als 15.000 EW brauchen einen lokalen Masterplan Gehen. Ab 30.000 EW ist zusätzlich eine aktuelle Mobilitätserhebung als Planungsgrundlage erforderlich.

Gut zu wissen: Ein örtliches Fußverkehrskonzept oder ein lokaler Masterplan Gehen ist Voraussetzung für die klimaaktiv mobil Förderung.

Örtliches Fußverkehrskonzept

Ein örtliches Fußverkehrskonzept stellt die fachliche Grundlage für die planmäßige Gestaltung und Entwicklung des Fußwegenetzes im Orts- oder Stadtgebiet dar und fungiert so als Schnittstelle zwischen übergeordneten Leitlinien und Visionen und konkreten Instrumenten wie Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan. Es umfasst mindestens folgende Inhalte, die im Anschluss im Detail dargestellt werden:

  • Zielsetzungen für den Fußverkehr
  • Definition des Planungshorizontes (mindestens drei Jahre)
  • Festlegung der abgrenzbaren Planungseinheit
  • Analyse des Ist-Zustands des bestehenden Fußwegenetzes
  • Identifizierung sowie Lokalisierung aktueller fußverkehrsrelevanter Problem- und Schwachstellen und deren Verbesserungspotenzial
  • Erarbeitung eines Soll-Fußwegenetzes
  • Konzept zur fußverkehrsfreundlichen Siedlungsentwicklung
  • Maßnahmenliste: allgemeine Auflistung der prinzipiellen Maßnahmen in der Planungseinheit, sinnvollerweise gegliedert in kurz-, mittel- und langfristige Umsetzungen, eventuell mit Prioritäten 

Das örtliche Fußverkehrskonzept für Gemeinden mit bis zu 15.000 EW kann dabei als eigenständiger Teil in ein örtliches Entwicklungskonzept oder eine verkehrliche Gesamtstrategie eingebettet sein, solange alle geforderten Inhalte vorhanden sind. Für eine Fördereinreichung ist es allerdings wichtig, dass das Dokument so aufgearbeitet ist, dass der Fußverkehrsteil in sich selbst schlüssig ist. Daher kann eine Ergänzung des Gesamtkonzeptes oder die Erstellung eines eigenständigen Konzeptes erforderlich sein.

Lokaler Masterplan Gehen

Der lokale Masterplan Gehen umfasst die Inhalte eines örtlichen Fußverkehrskonzepts und ist eine umfassende Strategie für das jeweilige Planungsgebiet. Er stellt die planmäßige Gestaltung des Gehwegenetzes in den Fokus und bettet dieses in das Gesamtverkehrssystem ein. Dabei fließen stadtplanerische Analysen und Strategien sowie Handlungsvorschläge mit Fokus auf den Fußverkehr mit ein. 

Ein lokaler Masterplan Gehen integriert, über die oben angeführten Inhalte hinaus, auch die folgenden Aspekte: 

  • Analyse der Demografie (zum Beispiel Bevölkerungsentwicklung, Altersstruktur)
  • Analyse des Siedlungsraums (zum Beispiel Siedlungsdichte, Nutzungen, Flächenbilanz, Baulandreserven)
  • Analyse des Naturraums (zum Beispiel Schutzgebiete, Waldentwicklungsgebiet)
  • Analyse des Verkehrssystems 

Wen binde ich ein?

Grundsätzlich wird empfohlen, die wichtigsten Bevölkerungsgruppen wie Senior:innen oder Jugendliche sowie Stakeholder:innen wie Verwaltungseinheiten, Schulen, Tourismus, Leitbetriebe et cetera in die Ausarbeitung des örtlichen Fußverkehrskonzeptes oder lokalen Masterplans Gehen miteinzubeziehen, da konkrete Herausforderungen oft nur von Betroffenen gesehen werden. Zudem sollen auch Entscheidungsträger:innen für die verschiedenen Bedürfnisse der Fußgänger:innen sensibilisiert werden. Dies kann durch Stakeholder-Workshops erfolgen, es sind aber auch Befragungen, gemeinsame Begehungen, Arbeitsgruppen oder Ähnliches möglich. Stakeholder sind hier insbesondere die jeweiligen anderen Verwaltungseinheiten der Gemeinde oder Stadt, etwa die Straßenbau-, Verkehrs-, und Wasserbauabteilung, die beispielsweise bei Sanierungsarbeiten und Neuerrichtung von (fußverkehrsrelevanter) Infrastruktur eine qualitativ hochwertige Planung und Gestaltung mitbedenken sollen.

Gut zu wissen: Allen Gemeinden oder Städten wird die Einsetzung von Fußverkehrsbeauftragten empfohlen. Diese kümmern sich um Belange des Fußverkehrs und treiben die Umsetzung von Maßnahmen voran.

Richtig planen: Von der Zielsetzung bis zur Maßnahmenliste

Die erforderlichen Inhalte eines Fußverkehrskonzeptes werden hier im Detail genauer erklärt.

Zielsetzungen für den Fußverkehr können qualitativ, aber auch quantitativ formuliert werden und dienen als Grundlage für die weitere Maßnahmenentwicklung. Zur Förderung eingereichte Maßnahmen müssen auf den gesetzten Zielen basieren.

Beispiele:

  • Erhöhung des Fußverkehrsanteils (Modal Split): Steigerung um x Prozent in y Jahren
  • Ziel einer „Gemeinde oder Stadt der kurzen Wege“ oder „15-Minuten-Stadt“
  • Hohe Qualität der Fußverkehrsinfrastruktur: Aufenthaltsqualität, Barrierefreiheit, Instandhaltung und Neuanlage von Gehwegen auf normgerechte Breite
  • Ausbau und Gestaltung von sicheren und kinderfreundlichen Wegenetzen
  • Verringerung oder Vermeidung des motorisierten Verkehrsaufkommens
  • Stärkung des Ortszentrums

Der Planungshorizont ist der Zeitraum, für den geplant werden soll. Gemeinden, Städte oder Bezirke sollten demnach überlegen, welche Ziele und abgeleiteten Maßnahmen sie in den nächsten Jahren umsetzen möchten. Vor allem strategische Maßnahmen haben in der Regel einen längeren Planungshorizont von zehn Jahren. Maßnahmen, die zur Förderung eingereicht werden, haben in der Regel kürzere Umsetzungszeiträume von ein bis drei Jahren. Für die klimaaktiv mobil Förderung ist ein Planungshorizont von mindestens drei Jahren vorgegeben.

Die Planungseinheit für das örtliche Fußverkehrskonzept oder den lokalen Masterplan Gehen ist vorgegeben: Gemeinden und Städte haben das Konzept jeweils für das ganze Gemeindegebiet oder Stadtgebiet zu erstellen. Für Großstädte mit mehr als einer Million EW ist die Planungseinheit der Bezirk. Eine Mobilitätserhebung, die für die gesamte Stadt erstellt wurde, kann dann auch für den Bezirk verwendet werden. 

Eine Abstimmung der Maßnahmen mit Nachbargemeinden oder den angrenzenden Bezirken ist zwar nicht vorgegeben, aber sinnvoll und empfehlenswert. Eine diesbezügliche Einbindung von relevanten Handelnden wirkt sich auch positiv auf die Förderhöhe aus

Die Analyse des Ist-Zustands gibt den Ausgangszustand in der Kommune wieder. Zwei Darstellungen sind dafür hilfreich:

Quell-Ziel-Beziehung

In einem ersten Schritt werden wichtige Quellen und Ziele für den Fußverkehr ermittelt. In der Analyse soll das bestehende Wegenetz dargestellt werden, um Probleme und Schwachstellen zu identifizieren. Weiters sollen „Points of Interest“ für die Entwicklung des Wunschwegenetzes definiert werden. Daraus ergeben sich potenzielle Quelle-Ziel-Beziehungen.

Problem- und Schwachstellenanalyse

Durch die Überlagerung der Wunschlinien mit dem bestehenden Straßen- und Wegenetz für den Fußverkehr ergeben sich wichtige Hinweise auf Problem- und Schwachstellen sowie das Fehlen wichtiger direkter Fußwegeverbindungen. Um konkrete Schwachstellen zu identifizieren, können Nutzer:innen mit unterschiedlichen Bedürfnissen (Junge, Ältere, Personen mit Kindern, mobilitätseingeschränkte Personen et cetera) in einen Beteiligungsprozess, etwa in Form einer Befragung oder Begehung, eingebunden werden.

Das Soll-Fußwegenetz baut auf der direkten Verbindung zwischen Quellen und Zielen sowie den Erkenntnissen aus der Analyse des Ist-Zustands auf. Es werden ein Wegenetz zwischen den Siedlungen sowie innerhalb der Siedlungsschwerpunkte definiert und Maßnahmen formuliert. Sinnvoll ist eine Unterteilung nach der Bedeutung der Verbindungen (zum Beispiel kommunal/regional oder Hauptwegenetz/Ergänzungsnetz). Gegebenenfalls sind die Belange der Freizeitmobilität, touristische Routen und die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen.

Mobilitätsverhalten beginnt im Kopf. Es ist sinnvoll, Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung zu planen und zu entwickeln und in der eigenen Gemeinde oder Stadt umzusetzen. Zur Anwendung kommen können regionale oder lokale Schwerpunktaktionen sowie Kampagnen wie der Autofreie Tag und die Europäische Mobilitätswoche. Oder Sie nutzen die Angebote von Österreich zu Fuß.

Maßnahmen, die zur Förderung eingereicht werden, müssen für eine erfolgreiche Beurteilung des Förderantrags umsetzungsreif ausgearbeitet sein (Detailplanung) und sich in der Maßnahmenliste des örtlichen Fußverkehrskonzeptes oder des lokalen Masterplans Gehen wiederfinden. 

Handbuch als Erstellungshilfe

Das Handbuch zur Erstellung eines örtlichen Fußverkehrskonzeptes oder lokalen Masterplan Gehens zeigt Ihnen die ideale Vorgehensweise auf, enthält konkrete Konzepte und Tools und führt Sie über Good-Practice-Beispiele ans Ziel. Dort finden Sie auch konkrete Beispiele für bauliche Maßnahmen, Bewusstseinsbildungsaktionen und Kooperationsmöglichkeiten.